Was ist Führung und warum gibt es so etwas überhaupt?

Definition: (nach Stogdill 1974 S. 259) „Führung ist die zielgerichtete Beeinflussung des Erlebens und des Verhaltens von Einzelpersonen und von Gruppen innerhalb von Organisationen.“

Merkmale: Der US-amerikanische Psychologe David McClelland (1975) sieht das Streben nach Macht (in jeweils individuell unterschiedlicher Ausprägung) als Teil der menschlichen Persönlichkeit an. Unter dieser Prämisse ist Führung eine Methode der Machtausübung und Machterhaltung. Nach: (Ameln, 2018) Denn gerade hierarchische Führungsmodelle zementieren oft den Status quo. Wer es in der hierarchischen Pyramide nach oben schafft, wird von denen bestimmt, die sich oben befinden – es sei denn, es kommt zu erheblichen Verwerfungen, zum Beispiel durch Revolutionen.

Ein weiterer Sinn von Führung liegt im Erreichen von Zielen, das nur in Arbeitsteilung, mit vielen Mitarbeitern und eventuell sogar an verschiedenen Orten ermöglicht werden kann. Hier hilft Führung dabei, übergeordnete Ziele zu erreichen, die eventuell sogar den Zielen von kleineren Einheiten direkt entgegenstehen.

Aus einer systemtheoretischen Perspektive betrachtet kann man davon ausgehen, dass Führung offenbar eine wichtige Funktion für soziale Systeme erfüllt – sonst würden Füh­rungsstrukturen nicht in jedem System gebildet und über die Zeit hinweg beibehalten. Nach (Luhmann, 2012)

Man kann systemtheoretisch nach Luhmann folgende Ziele von Führung erkennen:

  • Führung als Mechanismus der Kopplung von Individuum und System. Menschen gehören nie ganz einer Organisation an, sie sind Teil der Umwelt (Luhmann, 2012) Führung versucht die Kompetenzen dieser Menschen für die Organisation bestmöglich zu nutzen. Sie dient damit dem Nutzen der Organisation. Nutzen für die Mitarbeiter oder die Führungskraft sind damit zweitrangig- es sei denn sie dienen dem Nutzen der Organisation.
  • Führung dient der Sicherstellung der Integration des Systems. Größere Systeme bestehen immer aus kleineren Subsystemen. Zum Beispiel besteht ein Krankenhaus unter anderem aus Pflegeberufen und Ärzten, aus Verwaltung und Hauswirtschaft – und vielen anderen mehr. Diese Subsysteme wiederum bestehen aus den einzelnen Mitarbeitern oder noch weiteren Zwischensystemen…. Führung dient dazu, alle Subsysteme an einem Strang ziehen zu lassen – allen unterschiedlichen Zielen der Subsysteme zum Trotz.
  • Führung dient also auch der Autopoiesis und ermöglicht es Systemen den Status quo zu erhalten.

Daraus ergibt sich, dass nach Luhmann in jedem System Führung vorhanden und auch nötig ist.

Auf einer anderen Betrachtungsebene wird „Führen“ dem „Leiten“ und dem „Managen“ gegenübergestellt. Dabei gibt es allerdings in der Literatur sehr unterschiedliche Verwendungen dieser Begriffe und ihrer Unterscheidungen, aber eine mögliche Definition wäre, dass „Führen“ eine zielorientierte Gestaltung von Unternehmen (Unternehmensführung) oder zielorientierte Beeinflussung von Personen (Personalführung) ist. „Leiten“ ist dagegen eher im Sinne von anleiten oder auch kurzen knappen Ansagen zu verstehen. Und „Managen“ steht für das konkrete Lösen von Herausforderungen durch eigenes Handeln oder durch Delegation.

Um zur Führung zurückzukehren: Zur Führung gehört immer auch der Aspekt des „Sich Führen Lassens“. Denn ohne die Bereitschaft der Folgenden zu folgen, wäre Führung wirkungslos. Aber wie wird „Führen lassen“ eigentlich erreicht? Entweder durch Hierarchie (Macht) (Strafen und Belohnung) oder mit anderen Mitteln z.B. durch frei Wahl der Führungskräfte aufgrund z.B. überlegenen Wissen, Charisma, Mut des Führenden oder anderer Kriterien.

Am weitesten verbreitet ist dabei heutzutage immer noch die Führung in Hierarchien mit den Mitteln von Belohnen und Bestrafen. Dadurch ergeben sich jedoch immer mehr Probleme. Als kleine Auswahl:

Mitarbeiter/innen reagieren auf die Macht Ihrer Führungskräfte teilweise mit:

  • Reaktanz (Widerstreben gegen Einschränkungen der persönlichen Freiheit)
  • Sinkender Motivation, da die eigenen Ziele nicht ausreichend berücksichtigt werden.
  • Sinkendem Vertrauen in die Führung, da deren Verhalten nicht als transparent und fair wahrgenommen wird.

Außerdem gilt:

  • Macht als Mittel der Führung erschwert die Kommunikation und damit Problemlösungen, da Mitarbeiter/innen sich eventuell nicht trauen, mit den Führungskräfte offen über Probleme zu sprechen.
  • Macht „korrumpiert“. Das macht Perspektivwechsel für die Führungskräfte schwieriger und (ver-)führt eventuell dazu, eigene Interessen der Führungskräfte über die Interessen des Systems zu stellen.

Nach (Ameln, 2018) (36 ff)

Es wäre also wünschenswert, wenn man Führung so gestaltet, dass die oben beschriebenen Probleme mit der Macht minimiert werden. Ich bezeichne das einmal als „gute Führung“ – auf die ich dann im folgenden Blog eingehen werde…

Ameln, F. v. (2018). Beraten in der Arbeitswelt, „Führung und Beratung“. Göttingen: Vanderhoeck & Ruprecht KG.

Luhmann, N. (2012). Macht im System. Suhrkamp.

Stogdill, R. M. (1974). Handbook of leadership: A survey of theory and research. Free Press.

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